Vorgefertigte Geschichte. Archive in der Flut der Informationsgesellschaft
PhDr. Ing. Milan Vojáček, Ph.D. (Národní archiv)Abstrakt
Es gibt ein bestimmten Trend in dieser Zeit: die Flucht aus der postmodernen existenzialen Angst, die aus der unübersehbaren Gegenwärtigkeit stammt, zur Konstruktion der Geschichte oder besser Konstruktion der geschichtlichen Episoden. Dieser Trend ist von fundamentaler Lösung durch Orientierung und unkritisches Zutrauen an virtuelle Welt der digitalen Quellen (hoffentlich sind auch Archivquellen dabei) begleitet. Bei der Erzeugung dieser digitalen Welt, die auf ersten Blick einfach zur Hand ist, nehmen auch traditionelle kulturelle und wissenschaftliche Institutionen teil. Was für eine Rolle für heutige Informationssuchende sollten die Archive spielen?
Die meisten Archivquellen werden niemals ein Teil der virtuellen Welt. Beim on-line Angebot verschiedener Gedächtnisinstitutionen handelt es sich oft um Einzelteile, es fehlt Kontext und die traditionelle Quellenkritik ist fast verhindert. Der Forscher ist auf Werkzeuge des Datenanbieters angewiesen und die Illusion der vernetzten Datenquellen führt vielmehr zur Zersplitterung und Diskontinuität. Wer und nach welchen Kriterien entscheidet jetzt und in der Zukunft entscheiden wird, welche Quellen digitalisieren? Ist das primär Nachfrage von Historikern oder das Angebot von Archiven? Konkurrieren sich die Institutionen in der digitalen Welt? Die Archive sollten sich nicht abschotten, Digitalisierung zur Anfrage neuer Zielgruppen ausnutzen und in gegenseitiger Kooperation der Institutionen auch neue Wege (z.B. Citizen Science) zur aktiven Präsentation ihrer Quellen eröffnen.